Vier Kuratoren präsentieren vier Fotografen

Für seinen 17. fotografischen Salon am 05. April 2019 wählte das Forum für zeitgenössische Fotografie Dresden als Veranstaltungsort zum ersten Mal die blaueFABRIK. Im Mittelpunkt stand das Thema Aktfotografie mit der interessanten Idee von Georg Knobloch: Vier Kuratoren suchen sich vier Fotografen auf dem Portal STRiKiNG, die sich auf ganz unterschiedliche Weise mit dem Genre Aktfotografie auseinander setzen.
Fotografien von Edyta Szczepanska wurden von Janett Noack vorgestellt.
An den Fotografien von Butow Romey faszinierten Georg Knobloch insbesondere folgende Aspekte:

  • klassisches Kleinbildformat im Seitenverhältnis von 2:3, präsentiert in einer fototypischen Printgröße 20×30 cm (ja, man darf etwas näher treten!)
  • die Begrenzung auf die vom Motiv vorgegebenen Kontraste (ja, nicht jede Situation schöpft den vollen Kontrastumfang von Schwarz bis Weiß aus) und
  • das Spielen mit langen Belichtungszeiten, die Lichtbilder jenseits unserer durch Blitz (oder KI) eingefrorenen & überschärften Konsumbilderwelten des Alltags ermöglichen.

Martin Morgenstern war von den fotografischen Arbeiten Anna Försterlings besonders beeindruckt.
Matthias Schneege beobachtet schon länger die fotografische Entwicklung von Astrid Susanna Schulz, aktuell mit ihrer Position Männerakt.

Für den passenden musikalischen Rahmen bot Christian Förster am Flügel.

Laudatio Matthias Schneege „look at me“

Im zweiten Teil des Abends durfte ich die zahlreichen Gäste an meinen Gedanken zu einer weiteren Satelliten Ausstellung anlässlich des Portraits Hellerau Photography Award 2019 teilhaben lassen:

„Schwarz-weiß Fotografien, Akt Fotografien in schwarz-weiß. Aufgenommen im Atelier vor weißem Hintergrund, beleuchtet mit nur einer Lampe, die Tageslicht anmuten lässt. Stets die gleiche Bildkomposition, so schauen uns junge, Körperschmuck tragende Frauen an. Einige selbstbewusst, manche fragend, wir können uns ihrem Blick nicht entziehen, der zu sagen scheint – look at me.

Gäste betrachten S/W Fotografien von Matthias Schneege

Der internationale Porträtfotografie-Preis hatte in diesem Jahr das Thema „uncovered“ gewählt. Und genau dieses Thema war für Matthias Schneege Anlass, eigene fotografische Arbeiten einzureichen. Als ich seine Aktfotografieren zum ersten Mal sah, viel mir die handwerkliche Professionalität seiner Arbeiten sofort auf. Neugierig geworden, habe ich mich auf seiner Internetseite umgeschaut, wo ich einen Fotografen kennenlernte, der sein Handwerk versteht. Allerdings konnte ich hauptsächlich interessante Architektur-und Landschaftsfotografien entdecken. Aktfotografie kommt an diesem Ort nicht vor, warum das so ist, erzählt er ihnen sicher gern gleich im Anschluss.

Der Fotograf

Matthias Schneege, Jahrgang 1959, hat Anfang der 80er Jahre in Berlin eine klassische Handwerksausbildung zum Fotografen absolviert. Zu Beginn seiner fotografischen Laufbahn hatte er ein traumatisches Erlebnis in einem alteingesessenen Fotostudio in Schweinfurt. Dort entstanden Porträtfotografien ganz nach dem Motto “Bei Foto Kaiser ist der Kunde König“. Wie Sie heute Abend sehen, konnte Matthias Schneege sein Trauma überwinden, was einige Zeit brauchte. So arbeitete er zunächst als Werbe- und Industrie Fotograf, legte 1994 seine Meisterprüfung in Würzburg ab und war von 1995 bis 2004 bei Ilford unter anderem als Leiter der Anwendungstechnik tätig.

Wobei Matthias Schneege die fotografische Wissensvermittlung bereits zu dieser Zeit reizte. Inspiriert durch ein Erlebnis während seiner Meisterausbildung, wo er ungewollt in die Rolle des Lehrers geriet. Und seine Mitschüler meinten: Er sei ihr bester Lehrer gewesen. Ein Grund warum er 2005 an die Hochschule für Künste in Bremen wechselte, wo er bis heute die Lehrwerkstatt für Fotografie leitet.

Von Aktfotografie und Körper Portrait

Zur Porträtfotografie fand Matthias Schneege vor zehn/zwölf Jahren wieder zurück. Die hier ausgestellten fotografischen Arbeiten gehören zu einer umfangreichen konzeptionellen Fotoserie, die sich mit Aktfotografie auseinandersetzt, wobei er den Begriff Körper-Porträts treffender findet. Körper- Porträts in denen es Matthias Schneege nicht um erotische Aktfotografie geht, sondern um die Persönlichkeit ganz unmittelbar. Deshalb arbeitet er auch mit reduzierten Mitteln. Er verzichtet – bis auf wenige Ausnahmen – auf Farbigkeit, er verzichtet auf Lichteffekte, er konzentriert sich in seinen fotografischen Aufnahmen auf das Wesentliche. Auf den Körper als Porträt, auf den Körper als Spiegel der Persönlichkeit.

Die hier gezeigte Serie hatte lange keinen Namen, er entstand aus der Ansprache der, oft internationalen Models – look at me – schau zu mir in die Kamera. Mir gefällt dieser Titel als Reflexion, zum einen dieses in die Kamera schauen und zum anderen dieses gesehen werden wollen der jungen Frauen, ganz selbstbewusst – schau mich an. Die Einfachheit, der verwendeten fotografischen Mitteln unterstreicht für mich diese Aussage in besonderem Maß. Wobei Matthias Schneege in seinen Fotografien diese Einfachheit gekonnt mit fotografischer und handwerklicher Professionalität umsetzt. Er nutzt gern die Vorteile der digitalen Fotografie und arbeitet mit den besten Kameras, die es auf dem Markt gibt. Die Fotografien wurden auf ein spezielles warmweißes Ilford-Papier gedruckt, was seine Körper-Porträts noch filigraner wirken lässt.
Inspiration findet er neben der Jazzmusik bei Fotografen wie Irving Penn oder Richard Avedon.

zahlreiche Besucher stehend und sitzend lauschen der Eröffnung

Fotografisch aktiv

Matthias Schneege ist 1996 Gründungsmitglied der Fotografeninitiative “Gruppe V“ und Mitveranstalter eines alternativen Fotofestivals. Im Jahr 2000 wird er in die Deutsche Gesellschaft für Photographie berufen. Seit Mitte der 90er Jahre realisiert er freie Fotoprojekte die europaweit ausgestellt und publiziert werden. Aktuell arbeitet er vorwiegend an konzeptionellen Fotoserien in den Bereichen Porträt- und Landschaftsfotografie. Matthias Schneege befasst sich in seinem fotografischen Werk zudem mit Stillleben und experimentellen Fotoarbeiten. Zahlreiche seiner Fotografien sind in öffentlichen und privaten Sammlungen im In- und Ausland zu finden.

Zum Schluss möchte ich die Frage “Was ist zeitgenössische Fotografie?“ etwas philosophisch beantworten. Für mich ist jede Kunstform, auch die Fotografie, in ihrer Zeit und vielleicht zusätzlich in einer bestimmten Gegend verortet. Und manchmal brauchen wir erst etwas Abstand, um das erkennen zu können. Oder was meinen Sie?

Lassen Sie sich von den Blicken der Frauen auf den Fotografien einfangen und entdecken Sie die Geschichten dahinter.“

Die Ausstellung kann bis zum 2. Mai jeweils Mittwoch bis Freitag 16-18 Uhr und zu anderen Öffnungszeiten der blauenFABRIK, Eisenbahnstraße 1, 01097 Dresden, besichtigt werden.
Am 03. Mai schließt die Ausstellung mit einer Performance Finissage, auf der unter anderem die Ergebnisse des OpenArtSpace präsentiert werden.

Fotos: Birgit Ittershagen-Hammer, Matthias Schneege